NINA FISCHER/AXEL GRIMM (Hrsg.): Lernen und Lehren in der beruflichen Bildung. Professionalisierung im Spannungsfeld von Hochschule und Schule. Peter Lang Verlag der Wissenschaften Frankfurt am Main u. a. 2011, 295 Seiten, ISBN 978-3-631-61645-1, 44,80 Euro

Aus Anlass des sechzigsten Geburtstags von Friedhelm Schütte haben die Herausgeber Beiträge aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengetragen, um die Verdienste des Berufspädagogen und Fachdidaktikers zu würdigen. Nach einer Einleitung durch die Herausgeber und einer kurzen Vita des Gewürdigten sind die sechzehn Beiträge in vier thematische „Bände“ gegliedert: Band I: historische Zugänge, Band II: allgemeine Berufspädagogik, Band III: Professionalisierung von Berufsschullehrer/-innen; Band IV: Fachdidaktik.

Zum ersten Band sind drei historisch-berufspädagogische Aufsätze zusammengefasst. Wolf-Dietrich-Greinert fokussiert die „Gleichstellung von ‚allgemeiner’ und ‚beruflicher Bildung’ (als) ein Dauerthema der deutschen Bildungspolitik“. Die „Fachschulen für Technik“ mit ihrer „Entwicklung von zweigliedrigen zu eingliedrigen Weiterbildungseinrichtungen“ von ihrer Gründungsphase im 17. Jh. bis heute werden von Jörg-Peter Pahl skizziert. Volkmar Herkner erörtert die „Diskussion über die Ausbildung von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen in der Weimarer Republik“, indem er die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern einer grundständigen akademischen Ausbildung und denjenigen, die den Handwerksmeister für eine geeignete Lehrperson hielten, rekonstruiert.

Im zweiten Band sind vier berufspädagogische Beiträge verankert: Rita Meyer geht mit der „Prozessorientierung und Organisationsentwicklung als professionelle Anforderung für das Personal in der Berufsbildung“ auf die „Neubewertung von Fachlichkeit“ ein, die in der Diskussion über den Wandel und das Verständnis berufspädagogischen Handelns eine zentrale Rolle spielt. Karl Düsseldorf spricht bereits mit dem Titel „Die ‚neue’ Hochschule in Deutschland als ‚neue’ Arbeitsumgebung. Bilanz eines Fehlstarts?“ die Problematik vielschichtiger Veränderungen an, derer sich Hochschulen im Zuge z. B. des Bologna-Prozesses heute widmen müssen. Sandra Bohlinger fordert in ihrem Text „Der alte Streit um Kompetenz und Performanz: Was die Berufs- und Wirtschaftspädagogik von anderen Disziplinen lernen kann“ eine interdisziplinäre Herangehensweise an berufspädagogisch verankerte Begriffe. Schließlich fragt Kirsten Lehmkuhl „‚Packed with pride’ – Wirklich? Zur Instrumentalisierung des Subjekts im Arbeitsleben“.

Der dritte Band besteht aus sechs Beiträgen. Wolfgang Lempert geht mit dem provokanten Titel „Professionalisierung des berufspädagogischen Studiums – ein veraltetes Desiderat?“ der Frage nach, was sich seit dem Bologna-Prozess für Studenten und Professoren der Berufspädagogik an deutschen Hochschulen verändert hat. Einen spezifischeren Beitrag mit einem adäquaten Blickwinkel bringt Michael Martin ein, indem er den Lehramtsstudiengang im Berufsfeld Agrarwirtschaft an der TU/HU Berlin vorstellt und Ansätze für den Quereinstieg in das Masterstudium beschreibt. Johannes Meyser stellt die „Bezüge der Beruflichen Fachdidaktik Bautechnik im Lehramtsstudium an der Technischen Universität Berlin“ vor. Er beschreibt ein Modul, in dem fachwissenschaftliche und didaktische Inhalte sowie praktisches Arbeiten von Studenten miteinander verschränkt werden. Werner Kuhlmeier geht in einem Projekt an der Universität Hamburg der Frage nach, ob „Berufsorientierung eine Aufgabe für Berufspädagogen“ ist. Den „Aufbau und (die) Struktur des Servicezentrums Lehrerbildung an der Technischen Universität Berlin“ stellt Helmut Mehnert dar. Schließlich erläutert Nina Fischer in ihrem Aufsatz „Beratung als Instrument der Professionalisierung von Lehrkräften berufsbildender Schulen“ die zunehmenden pädagogischen Anforderungen an Berufsschullehrer. Sie sieht in der Beratung eine Möglichkeit der Fortbildung von Lehr- und Führungskräften als Weiterentwicklung der Schule auf allen Ebenen.

Der vierte Band enthält drei Beiträge zur Fachdidaktik. Stefan Wolf widmet sich dem Berufsfeld Metall und der Berufsbildung für eine nachhaltige Entwicklung. Er beschreibt Schwierigkeiten und Chancen bei der Implementierung der Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung in die betriebliche und schulische Realität im Berufsfeld Metalltechnik. Axel Grimm gibt einen Einblick in die „Planungsmerkmale von kompetenzorientiertem Berufsschulunterricht“. In seinem Beitrag stellt er die These auf, dass mit Einzug kompetenzorientierter Unterrichtsentwürfe bei Referendaren die „Didaktik im engeren Sinn“ an Bedeutung verloren hat und es gegenüber traditionellen Planungen z. B. zu höheren Kompetenzanforderungen an die Schüler kommt. Den Abschluss bestreitet Franz Horlacher mit seinem Beitrag über Ernährungsbildung.

Die Beiträge geben nicht zuletzt aufgrund der Quellenvielfalt zahlreiche Anregungen zu weiterführenden Betrachtungen und sind daher besonders für das Hochschulstudium geeignet. Nina Fischer und Axel Grimm haben einen interessanten Sammelband vorgelegt, in dem überwiegend Autoren zu Wort kommen, die auch an der TU Berlin gewirkt haben bzw. gegenwärtig dort noch wirken (wobei ein Autorenverzeichnis leider fehlt). Dieser Umstand rückt die Texte für die Leser „näher“ an Friedhelm Schütte heran, verdeutlicht seine Forschungsvielfalt und spiegelt sein berufliches Schaffen wieder. Wenn der gemeinsame Autorenhintergrund ausgeblendet wird, wirken die Aufsätze indes wahllos aneinandergereiht. Leitgedanke des Sammelbandes ist schließlich die Vita des Gewürdigten selbst, die den Titel am Besten widerspiegelt.

Matthias Schönbeck