FRAGESTELLUNG: Die Zukunftsfähigkeit der beruflichen Bildung unterliegt einer eigenen Dynamik, insbesondere angesichts des seit Jahrzehnten rückläufigen Nachwuchsgewinns im MINT-Bereich. Im Zentrum stehen dabei kontinuierlich zwei zentrale Fragestellungen: Erstens, wie kann die Zahl der Studierenden im Lehramtsstudium für gewerblich-technische Fachrichtungen erhöht werden? Zweitens, wie lässt sich die Studienentscheidung dieser Studierenden (auch im Hinblick auf die Polyvalenz des Studiengangs) stabilisieren? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein modulares Konzept für Fachdidaktik-Veranstaltungen in den beruflichen Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik, Medientechnik und Wirtschaftsinformatik entwickelt. Dieses Konzept konzentriert sich darauf, sowohl bei Studierenden als auch bei Oberstufenschüler:innen ein affirmatives Interesse an technischen Themen zu fördern. Aus dem Wunsch der Studierenden nach stärkerer Praxisvernetzung im Zuge kurzer Schulpraxisphasen (kein integriertes Semesterpraktikum wie in anderen Lehramtsstudiengängen) sowie hoher fachwissenschaftlicher Ausrichtung (Kooperationspartner ist die Hochschule Offenburg) wurde die partizipative Weiterentwicklung des im Masterstudiengang angesiedelten fachdidaktischen Projektseminars in ein schüler:in-nenorientiertes Techniklabor forciert. THEORETISCHE VERORTUNG: Die Wirksamkeit von Schüler:innenlaboren, insbesondere im Hinblick auf das Fähigkeitsselbstkonzept von Teilnehmenden, ist unbestritten. Der Konzeption von Technik-Modulen wurde eine Zielgruppenanalyse vorangestellt, welche dazu diente, Interessen Jugendlicher herauszufiltern, um Anhaltspunkte für die Entwicklung unterschiedlicher Komponenten zu erhalten. Die Technik-Module, vergleichbar mit einem Schüler:innenlabor, wurden gemeinsam mit Studierenden des gewerblich-technischen Lehramts entworfen und werden in diesem Format fortlaufend weiterentwickelt. Weitere Forschungsinteressen konzentrieren sich auf Aspekte wie Motivation, Berufsinteresse der Teilnehmenden und Erwartungen der Lehrkräfte. METHODISCHER ZUGANG: Die methodische Gestaltung der Veranstaltungen basiert auf dem Modell der vollständigen Handlung (vgl. Arnold; Gudjons; Hacker u.a.), einem Konzept aus der Berufspädagogik, das darauf abzielt, durch ganzheitliches Lernen die Selbstständigkeit der Lernenden zu fördern und die Verinnerlichung der Lerninhalte zu unterstützen. In diesem Modell nehmen die Studierenden eine doppelte Rolle ein: Einerseits sind sie Lernende, die das Modell der vollständigen Handlung selbst durchlaufen, andererseits sind sie in der Rolle von Lehrenden, die das Lehr- und Lernarrangement für Schüler:innen im Sinne der vollständigen Handlung didaktisch planen, ausführen und reflektieren. LERNKONZEPTION: Die entwickelten und pilotierten Module setzen sich aus den Bereichen 3D-Druck (Einführung, Konstruktion, Fertigung), Robotik (Montage und Embedded Programming), Gleichstrommotor, Regelungstechnik (PID-Regler), Akustik (Lautsprecherbau) und Getriebetechnik zusammen. Diese Module wur-den erfolgreich erprobt und samt Unterrichtsmaterial den Lehrkräften der teilnehmenden Schulen zur Verfügung gestellt. Die innovativen Techniken füllen Defizite/Auslassungen in den Bildungsplänen der unterschiedlichen Schulstufen und stellen Projekte dar, an denen die Lehrpersonen mit ihren Schüler:innen weiterarbeiten können. Die Entwicklung eines schüler:innenorientierten Techniklabors, in dem Oberstufenschüler:innen in die Technik-Praxis „eintauchen“ und Teilaspekte gewerblich-technischer Berufe praktisch erleben können, bildet das Kernstück der Lehrveranstaltung. Das „Technik-Labor“ dient als Erprobungs- und Erlebnisraum für Schüler:innen und Studierende. Sie gestalten Lern- und Arbeitsprozesse und initiieren angesichts ihrer heterogenen Denk- und Herangehensweise unterschiedliche Transformationsverläufe. BEGLEITFORSCHUNG: Quantitative Befragungen der Schüler:innen und Lehrer:innen sowie leitfadengestützte Reflexionen mit Studierenden und Dozierenden (SoSe 2023,WiSe 2023/24 und SoSe 2024) dienen der Ermittlung der Qualität und des Lernzuwachses innerhalb der angebotenen Module. ERGEBNISSE UND IMPLIKATIONEN: Die Befunde zeigen, dass die Technik-Module durchaus geeignet sind, bereits vorhandenes Interesse an Technik bei Oberstufenschüler:innen zu manifestieren – auch weil die Lehrer:innen den jeweiligen Themenkomplex im Unterricht nachhaltig fortsetzen. Die Studierenden der gewerblich-technischen Fachrichtungen, welche die Schüler:innen anleiten, können angesichts des Austauschs mit der zukünftigen Klientel ebenfalls ihre eigene Studienwahl kritisch überprüfen und bestätigen. Des Weiteren profitieren sie davon, die Module gemeinsam zu entwickeln und fachdidaktisch angemessen aufzubereiten. Inwiefern die genannte Maßnahme tatsächlich dazu beiträgt, die Anzahl Studierender für das gewerblich-technische Lehramt zu erhöhen oder Schüler:innen in technische Berufe zu bringen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eruiert werden. |