34. BAG-Fachtagung 2025
auf den 23. Hochschultagen Berufliche Bildung Paderborn

Gestaltung elektro-, informations-, metall- und fahrzeugtechnischer Lern- und Lehrprozesse im Kontext von Transformation und Nachhaltigkeit

Vorwort

Die aktuelle wirtschafts- und umweltpolitische Situation stellt die Arbeitswelt in den Bereichen Metalltechnik, Elektrotechnik, Informationstechnik und Kraftfahrzeugtechnik vor große Herausforderungen. Betrachtete man die technologischen und arbeitsorganisatorischen Änderungen in der Arbeitswelt bis Mitte des letzten Jahrzehnts noch als eine Weiterführung kontinuierlich stattfindender Innovationsprozesse, so lassen sich die derzeit wahrnehmbaren Entwicklungen nicht mehr adäquat beschreiben; sie stellen sich vielmehr als tiefgreifend komplexe Umwälzungen in der Arbeitswelt dar. Sie werden aktuell unter dem Begriff der „Transformation“ von Arbeit diskutiert.

Ihre BAG ElektroMetall

Vorträge und Diskussionen

Beruf und Beruflichkeit – Ende oder Neuanfang?

Folgen veränderter Facharbeit und relevante Gestaltungsgrößen für die Zukunft

Modereration: Prof. Dr. Dr. Georg Spöttl, Universität Bremen
Impulsvortrag: Prof. Dr. Maren Baumhauer, Technische Universität Hamburg

Präsentation

Ausgangslage

Angesichts der Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit industrieller und handwerkli-cher Arbeitsprozesse verschärft sich die wiederholt diskutierte Frage, ob der Beruf noch eine zu-kunftsfähige Referenzgröße und Ordnungskategorie für Wirtschaft, Gesellschaft, Individuum und Bildungssystem darstellt. In der Literatur findet sich die These, dass „traditionelle Elemente des Berufs einer Erosion unterliegen“, was auch durch aktuelle Entwicklungen wie der digitalen Trans-formation belegt wird. Ob damit das Prinzip „der Beruflichkeit“ für gewerblich-technische Berufe infrage zu stellen ist und wie zukunftsfeste Berufe aussehen sollten – das sind zu klärende Fra-gen, die im Plenum der BAG aus verschiedenen Perspektiven diskutiert werden sollen.

Fragestellung

Es sollen verschiedene Problemfelder im Zusammenhang mit Beruflichkeit und der Gestaltung von Berufen diskutiert werden, um folgende Fragen zu beantworten:

1.     Lassen Entwicklungen und Veränderungen in der Arbeitswelt Rückschlüsse auf die Bedeutung von Beruflichkeit zu?

a.     Welche Rolle spielt Beruflichkeit aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt im Rahmen der Gestaltung von Berufen?

b.     Handelt es sich bei der verstärkten Nutzung des Beruflichkeitsbegriffs eher um einen nicht klar umrissenen Mythos, der als Rettungsanker für den Beruf herhalten soll?

c.     Ist die beruflich organisierte Arbeitswelt für die Berufsbildung noch eine zentrale Ziel-Dimension?

2.     Organisiert sich die betriebliche Praxis und die Berufsausbildung (noch) anhand traditioneller Berufskriterien?

a.     Wie entwickelt sich die Beziehung von Beruf und Beruflichkeit in Anbetracht der sich verändernden Arbeitswelt?

3.     Sind moderne Berufe und eine moderne Beruflichkeit durch Elemente gekennzeichnet, die bislang in der bildungspolitischen Debatte als Auflösungserscheinungen des Berufs diskutiert wurden?

a.     Soll der Begriff Beruflichkeit von den konkreten Berufsstrukturen abstrahiert werden, um Gestaltungsfreiheit für eine vom Arbeitsmarkt gesteuerte Kompetenzentwicklung zu ermöglichen?

b.     Welche Bedeutung wird dem Beruf und der Beruflichkeit in der sich verändernden Arbeitspraxis – vor allem durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) – beigemessen?

4.     Erweist sich der Beruf weiterhin als tragende Struktur für Individuen, Erwerbsarbeit und Gesellschaft? Wie muss dieser zukünftig verstanden und organisiert werden, damit er nicht zu einem Mythos verkommt?

Insbesondere für die gewerblich-technische Berufsbildung und die Berufe in den Berufsfeldern ET, IT und MT steht hier folgende Frage im Mittelpunkt:

Welche Rolle spielen strukturgebende Elemente wie Stoffe (Metalle bei Metallberufen) und Technologien (Informationstechnologie bei IT-Berufen; Elektrotechnik bei ET-Berufen) für Berufsprofile? Was ist heute und zukünftig strukturbildend?

Forschungs-/Entwicklungsmethode, Ansatz und Durchführung

Zur Bedeutung des Berufes sind in verschiedenen empirischen und theoretischen Studien differenzierende Argumentationsrichtungen auszumachen. Meist werden dabei Wechselbeziehungen zwischen Beruf, arbeitsplatzgebundenen Anforderungen, Arbeitsorganisation und personengebundenen Qualifikationen und Biographien betrachtet. Dabei werden einerseits eher subjektbezogene Analyseansätze, andererseits aber auch soziologische, systemische oder gesellschaftsbezogene Ansätze zur Untersuchung herangezogen. Im Plenum soll die Bedeutung von Beruf und Beruflichkeit aus verschiedenen Perspektiven für die Berufsbildung herausgearbeitet und diskutiert werden.

Methodisch werden Bedeutungsmuster hinsichtlich

  • der „Funktion des formalen Systems der beruflichen Aus- und Weiterbildung“ / des dualen Systems
  • biografischer Bedeutung bzw. Bedeutung für die Entfaltung einer beruflichen Identität und
  • der Organisation von Arbeit und den dazugehörigen Kompetenzanforderungen und Aufgabenzuschnitten im Betrieb

betrachtet.


Diskussionsblöcke
A) Veränderungen in der Arbeitswelt und die Wirkungen auf gewerblich-technische Berufe und Beruflichkeit
B) Beziehungen zwischen Beruf und Beruflichkeit
C) Moderne Berufe und moderne Beruflichkeit
Diskutanten: Lars Windelband, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Matthias Becker, Leibniz Universität Hannover, Florian Winkler, Bundesinstitut für Berufsbildung, Pankraz Männlein, Verband der Lehrkräfte an Beruflichen Schulen, Uli Neustock, BAG Informations-, Elektro, Metall- und Fahrzeugtechnik, Maren Baumhauer, Technische Universität Hamburg

Aktueller Diskussionsstand zu „Beruflichkeit"

Präsentation


Der Beitrag soll zeigen, dass bei den Antworten zur zukünftigen Bedeutung des Berufes bei der sich dynamisch verändernden Gesellschaft immer mehr Zweifel am Stellenwert der bisherigen Berufe bestehen. Mehr oder weniger alle Forschungsdisziplinen kommen zu dem Ergebnis, dass zumindest ausgewählte Elemente des Berufes heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Konsequenz ist allerdings bislang nicht, dass deshalb über gründliche Reformprozesse des Berufes im Zusammenhang mit dem Berufsbildungssystem nachgedacht wird; Ausbildungsberufe werden eher nach tradierten Mustern modernisiert. Das Vehikel „Beruflichkeit“ wird bemüht, um durch die Nutzung von vielfältigen Merkmalen diese so zu „definieren“, dass eine berufsbezogene Qualifizierung danach stattfinden kann. Aus- und Weiterbildung – vor allem im Dualen System – soll diese Beruflichkeitsansprüche einlösen.

Prof. Dr. Lars Windelband
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Hertzstr. 16
DE 76187 Karlsruhe
lars.windelband@kit.edu

Die Sicht der Gewerblich-technische Wissenschaften und ihrer Didaktiken auf Beruflichkeit und Berufsbildgestaltung

Präsentation


Sind Berufe eigentlich noch gefragt und eine berufliche Ausbildung noch notwendig?

Die mit der Digitalisierung einhergehende hohe Innovationsdynamik führt zu einem Trend der Höherqualifizierung. Dennoch legen die Betriebe großen Wert auf gewerblich-technische Berufe, ohne die anspruchsvolle Aufgaben in der Produktion und Dienstleistung nicht bewältigt werden können. Eine Berufsausbildung in einem metalltechnischen, elektrotechnischen oder informationstechnischen Beruf gewinnt gleichermaßen an Bedeutung wie ein Studium einer Ingenieurwissenschaft. Die Zahl der Geringqualifizierten sinkt dagegen. Die Anforderungen an gewerblich-technische Berufe haben sich allerdings gravierend verschoben. Die disziplinorientierte Berufsausbildung (etwa als Industriemechaniker/-in) genügt diesen Anforderungen immer weniger. Gefragt sind hybride Berufe, die metalltechnische, elektrotechnische und informationstechnische Inhalte miteinander verzahnen. Eine Berufsbildung der jeweiligen Ergänzung aus den Disziplinen lässt sich nicht mehr bewältigen – weder von den Auszubildenden noch von den Lehrkräften und Ausbilder/-innen. Daher sind einige wesentliche Dinge in der Berufsausbildung und in der Berufsschule neu zu denken:

  • Die Grundbildung darf nicht mehr disziplinorientiert erfolgen, sondern muss sich an Kernaufgaben für den Beruf ausrichten. Die erfolgreiche Bewältigung dieses Perspektivwechsels kann nach dem Vorbild der mechatronisch geprägten Berufsausbildung zum Kfz-Mechatroniker / zur Kfz-Mechatronikerin erfolgen.
  • Berufe sollten Aspekte der Digitalisierung und Verschmelzung der Berufsfelder wie selbstverständlich aufgabenbezogen aufnehmen. Wir schlagen daher eine/n so ausgerichtete/n Industriemechatroniker/-in vor, der nach dem Kernberufekonzept konzipiert sein sollte.
  • Die Art und Weise, wie heute junge Menschen lernen, muss in der dualen Berufsausbildung hinsichtlich der Informationsquellen, der Prozesse für die Informationsbeschaffung sowie der Zeit-, Ort- und Institutionenunabhängigkeit in Form einer modernen Beruflichkeit neu konzipiert werden.

Einige Beispiele aus der Forschung sollen die Bedeutung und Begründung dieser Vorschläge verdeutlichen. Bislang bereits vorgenommene Veränderungen im Berufsbildungssystem und in der Berufelandschaft werden gewürdigt und reflektiert.


Prof. Dr. Matthias Becker
Leibniz Universität Hannover
Institut für Berufswissenschaften der Metalltechnik -
IBM
Appelstraße 11
DE 30167 Hannover
becker@ibm.uni-hannover.de

Bedeutung des Berufs für die Ordnungsarbeit anhand der Entwicklungen in den Berufsfeldern Elektrotechnik, Informationstechnik und Metalltechnik

Präsentation


Aus der Perspektive der Ordnungsarbeit stellt der Beruf ein zentrales Strukturprinzip der beruflichen Bildung dar: Er bietet Orientierung, stiftet Identität und fungiert als Brücke zwischen Bildungssystem und Arbeitswelt. Während die Beruflichkeit als dynamisches Prinzip stetigen wirtschaftlichen, technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen unterliegt, sorgt die Ordnungsarbeit für einen stabilen Rahmen, der Flexibilität und Verlässlichkeit in der Berufsgestaltung vereint. Am Beispiel der Berufsfelder Elektrotechnik, Informationstechnik und Metalltechnik wird deutlich, wie Ordnungsprozesse Berufe so ausgestalten, dass sie anpassungsfähig bleiben und gleichzeitig ihre ordnende Funktion bewahren. Der Vortrag zeigt auf, wie diese Balance in der Vergangenheit erreicht wurde und gibt einen Ausblick, welche Ansätze zukünftig eine nachhaltige Weiterentwicklung für Berufe ermöglichen können.


Dr. Florian Winkler, Axel Kaufmann und Thomas Felkl
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)
Friedrich-Ebert-Allee 114-116
53113 Bonn
florian.winkler@bibb.de, kaufmann@bibb.de, thomas.felkl@bibb.de

Ausgewählte Beiträge im Kontext der Transformation

Technikentwicklung verstehen und nachhaltige Transformation in der gewerblich-technischen Berufsbildung gestalten – Mitbestimmung, Gestaltungskompetenz und der Umgang mit Heterogenität und Unbestimmtheit

Präsentation


Einführung und Moderation

Die gewerblich-technische Berufsbildung steht vor der Herausforderung, technologische Innovationen und gesellschaftliche Transformationsprozesse in Bildungsprozesse zu integrieren. In den beruflichen Fachrichtungen Elektrotechnik, Informationstechnik, Fahrzeugtechnik und Metalltechnik verändern Entwicklungen wie die Energiewende, Elektromobilität, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung nicht nur berufliche Anforderungen, sondern auch die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen. Dies wirft zentrale Fragen auf:

  • Welche Aspekte der Nachhaltigkeit sind in beruflichen Handlungen relevant, und wie können diese in der Ausbildung verankert werden?
  • Wie beeinflussen technologische Entwicklungen die Anforderungen an Lehrpläne, Unterrichtskonzeptionen und organisatorische Strukturen?
  • Welche methodischen Ansätze fördern nachhaltige und handlungsorientierte Lernprozesse?
  • Wie können Auszubildende zur Übernahme von Verantwortung und Mitgestaltung in Lern- und Arbeitsprozessen befähigt werden?
  • Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte und Ausbildungspersonal, um die Transformation der Berufswelt aktiv zu begleiten?
  • Wie kann mit der zunehmenden Heterogenität der Lernenden umgegangen werden, und welche Ansätze zur Binnendifferenzierung sind sinnvoll?

Ein zentraler Aspekt ist eine ganzheitliche berufliche Handlungskompetenz aller Bildungsakteure. Die Übernahme und Delegation von Verantwortung in Lern- und Arbeitsprozessen setzt fundierte Kenntnisse, gegenseitiges Vertrauen und ein Verständnis der inneren und äußeren Verflechtungen im Bildungssystem voraus. Dabei gilt es, die Balance zwischen Basiskompetenzen und fachspezifischer Spezialisierung zu finden und die Rolle interdisziplinärer Ansätze im gewerblich-technischen Unterricht zu reflektieren.

Zudem stellt sich die Frage, wie berufliche Bildungsprozesse mit den Unbestimmtheiten der Transformation umgehen: Soll auf die steigende Komplexität beruflicher Anforderungen mit einer Konzentration auf Kernkompetenzen oder mit einer stärkeren Spezialisierung reagiert werden? Wie können Digitalisierung, Nachhaltigkeit und andere Meta-Entwicklungen curricular und didaktisch sinnvoll integriert werden?

Diese Aspekte werden aus theoretischer und praktischer Perspektive diskutiert, um Gestaltungsmerkmale einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Berufsbildung herauszuarbeiten. Ziel ist es, Lehr- und Lernprozesse so zu gestalten, dass sie eine aktive Mitbestimmung und verantwortungsbewusste berufliche Handlungskompetenz der Lernenden fördern.


Dr. Sören Schütt-Sayed   
Technische Universität Hamburg
Am Irrgarten 3-9 (Gebäude Q)
DE 21073 Hamburg
soeren.schuett@tuhh.de

Zum Beispiel...

Leitstrategien einer nachhaltigen Entwicklung       

Präsentation


Im Kern sollen die Leitstrategien einer nachhaltigen Entwicklung (Effizienz, Konsistenz und Suffizienz) und die 17 Nachhaltigkeitsziele als Kategorien den Schülerinnen und Schülern vermittelt werden. Dabei wird ein deutlicher Bezug zu ihrer aktuellen beruflichen Fertigkeitsentwicklung hergestellt. Aufträge zur eigenen Betriebserkundung sollen die Brücke zur betrieblichen Situation schlagen und die Relevanz der vermittelten Inhalte belegen.

Ziel ist eine Bildungsgangarbeit im Sinne einer nachhaltigkeitsorientieren Facharbeit mit den am Unterricht beteiligten Kolleginnen und Kollegen und den an der Ausbildung beteiligten Betrieben.


Michael Grimm
Heinrich-Kleyer-Schule in Frankfurt am Main
Jordanstraße 25
DE 60486 Frankfurt am Main
michael.grimm@schule.hessen.de      

Transformation eines fachdidaktischen Projektseminars in ein schüler:innenorientiertes Techniklabor – Go for Mechanics!

Präsentation


FRAGESTELLUNG: Die Zukunftsfähigkeit der beruflichen Bildung unterliegt einer eigenen Dynamik, insbesondere angesichts des seit Jahrzehnten rückläufigen Nachwuchsgewinns im MINT-Bereich. Im Zentrum stehen dabei kontinuierlich zwei zentrale Fragestellungen: Erstens, wie kann die Zahl der Studierenden im Lehramtsstudium für gewerblich-technische Fachrichtungen erhöht werden? Zweitens, wie lässt sich die Studienentscheidung dieser Studierenden (auch im Hinblick auf die Polyvalenz des Studiengangs) stabilisieren? Zur Beantwortung dieser Fragen wurde ein modulares Konzept für Fachdidaktik-Veranstaltungen in den beruflichen Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik, Medientechnik und Wirtschaftsinformatik entwickelt. Dieses Konzept konzentriert sich darauf, sowohl bei Studierenden als auch bei Oberstufenschüler:innen ein affirmatives Interesse an technischen Themen zu fördern.

Aus dem Wunsch der Studierenden nach stärkerer Praxisvernetzung im Zuge kurzer Schulpraxisphasen (kein integriertes Semesterpraktikum wie in anderen Lehramtsstudiengängen) sowie hoher fachwissenschaftlicher Ausrichtung (Kooperationspartner ist die Hochschule Offenburg) wurde die partizipative Weiterentwicklung des im Masterstudiengang angesiedelten fachdidaktischen Projektseminars in ein schüler:in-nenorientiertes Techniklabor forciert.

THEORETISCHE VERORTUNG: Die Wirksamkeit von Schüler:innenlaboren, insbesondere im Hinblick auf das Fähigkeitsselbstkonzept von Teilnehmenden, ist unbestritten. Der Konzeption von Technik-Modulen wurde eine Zielgruppenanalyse vorangestellt, welche dazu diente, Interessen Jugendlicher herauszufiltern, um Anhaltspunkte für die Entwicklung unterschiedlicher Komponenten zu erhalten. Die Technik-Module, vergleichbar mit einem Schüler:innenlabor, wurden gemeinsam mit Studierenden des gewerblich-technischen Lehramts entworfen und werden in diesem Format fortlaufend weiterentwickelt. Weitere Forschungsinteressen konzentrieren sich auf Aspekte wie Motivation, Berufsinteresse der Teilnehmenden und Erwartungen der Lehrkräfte.

METHODISCHER ZUGANG: Die methodische Gestaltung der Veranstaltungen basiert auf dem Modell der vollständigen Handlung (vgl. Arnold; Gudjons; Hacker u.a.), einem Konzept aus der Berufspädagogik, das darauf abzielt, durch ganzheitliches Lernen die Selbstständigkeit der Lernenden zu fördern und die Verinnerlichung der Lerninhalte zu unterstützen. In diesem Modell nehmen die Studierenden eine doppelte Rolle ein: Einerseits sind sie Lernende, die das Modell der vollständigen Handlung selbst durchlaufen, andererseits sind sie in der Rolle von Lehrenden, die das Lehr- und Lernarrangement für Schüler:innen im Sinne der vollständigen Handlung didaktisch planen, ausführen und reflektieren.

LERNKONZEPTION: Die entwickelten und pilotierten Module setzen sich aus den Bereichen 3D-Druck (Einführung, Konstruktion, Fertigung), Robotik (Montage und Embedded Programming), Gleichstrommotor, Regelungstechnik (PID-Regler), Akustik (Lautsprecherbau) und Getriebetechnik zusammen. Diese Module wur-den erfolgreich erprobt und samt Unterrichtsmaterial den Lehrkräften der teilnehmenden Schulen zur Verfügung gestellt. Die innovativen Techniken füllen Defizite/Auslassungen in den Bildungsplänen der unterschiedlichen Schulstufen und stellen Projekte dar, an denen die Lehrpersonen mit ihren Schüler:innen weiterarbeiten können. Die Entwicklung eines schüler:innenorientierten Techniklabors, in dem Oberstufenschüler:innen in die Technik-Praxis „eintauchen“ und Teilaspekte gewerblich-technischer Berufe praktisch erleben können, bildet das Kernstück der Lehrveranstaltung. Das „Technik-Labor“ dient als Erprobungs- und Erlebnisraum für Schüler:innen und Studierende. Sie gestalten Lern- und Arbeitsprozesse und initiieren angesichts ihrer heterogenen Denk- und Herangehensweise unterschiedliche Transformationsverläufe.

BEGLEITFORSCHUNG: Quantitative Befragungen der Schüler:innen und Lehrer:innen sowie leitfadengestützte Reflexionen mit Studierenden und Dozierenden (SoSe 2023,WiSe 2023/24 und SoSe 2024) dienen der Ermittlung der Qualität und des Lernzuwachses innerhalb der angebotenen Module.

ERGEBNISSE UND IMPLIKATIONEN: Die Befunde zeigen, dass die Technik-Module durchaus geeignet sind, bereits vorhandenes Interesse an Technik bei Oberstufenschüler:innen zu manifestieren – auch weil die Lehrer:innen den jeweiligen Themenkomplex im Unterricht nachhaltig fortsetzen. Die Studierenden der gewerblich-technischen Fachrichtungen, welche die Schüler:innen anleiten, können angesichts des Austauschs mit der zukünftigen Klientel ebenfalls ihre eigene Studienwahl kritisch überprüfen und bestätigen. Des Weiteren profitieren sie davon, die Module gemeinsam zu entwickeln und fachdidaktisch angemessen aufzubereiten. Inwiefern die genannte Maßnahme tatsächlich dazu beiträgt, die Anzahl Studierender für das gewerblich-technische Lehramt zu erhöhen oder Schüler:innen in technische Berufe zu bringen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eruiert werden.


M. A. Sebastian Gorski, M. Sc. Bernhard Huber
Pädagogische Hochschule Freiburg
Kunzenweg 21
DE 79117 Freiburg im Breisgau
sebastian.gorski@ph-freiburg.de

Zum DigComEdu in der Lehramtsbildung der Länder und den daraus resultierenden Chancen und Herausforderungen in der gewerbl.-techn. Lehramtsbildung       

Präsentation


Der "Europäische Rahmen für die digitale Kompetenz Lehrender" (DigCompEdu) wurde von der EU im Jahr 2017 veröffentlicht. Im Dezember 2021 beschloss die KMK die Handreichung zum ""Lehren und Lernen in der digitalen Welt: Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz 'Bildung in der digitalen Welt'“. Darin wurde festgehalten und vorgegeben (ebd. S. 24):

Ausgehend vom DigCompEdu entwickeln die Länder, sofern noch nicht geschehen, einen landesspezifischen Kompetenzrahmen [für die Aus- und Weiterbildung der digitalen Kompetenzen Lehrender], der gleichermaßen den spezifischen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes als auch der nationalen und internationalen Anschlussfähigkeit gerecht wird, und schreiben diesen fort.""

Wer sich in den Bundesländern umschaut, wird feststellen, dass der DigCompEdu trotz der KMK-Vorgabe bisher kaum Einzug in die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden fand. Auch ist festzustellen, dass innerhalb der letzten Jahre der DigCompEdu noch nicht innerhalb der BAG und ihren Fachtagungen thematisiert wurde.

In diesem Tagungsbeitrag soll zunächst der DigCompEdu noch einmal kurz vorgestellt werden, d. h. hinsichtlich seiner 22 Kompetenzen in ihren 6 Dimensionen und 6 Phasen vom/von der "EinsteigerIn bis zum/zur VorreiterIn". Daraufhin wird ein kurzer Einblick in das Landesprogramm „Zukunft Schule im digitalen Zeitalter" des Landes Schleswig-Holstein gegeben und die Relevanz des DigCompEdu dafür problematisiert. Weiterhin wird der DigCompEdu an den Zielen eines Erasmus+-Projektes zum Hybriden lernen konkretisiert.

Im Anschluss soll der DigCompEdu speziell bzgl. der Einbringung in die gewerblich-technische Lehramtsausbildung und -weiterbildung diskutiert werden. Ein Ziel könnte sein - initiiert durch die BAG - eine länderübergreifende Community of Practice zum DigCompEdu zu bilden, um die diesbzgl. KMK-Ziele zu realisieren.


Abb.: DigCompEdu-Kompetenzen


Prof. Dr. Axel Grimm, Dr. Nikolaus Steffen
Europa-Universität Flensburg
Klaus-Groth-Str. 14
DE 24937 Flensburg
axel.grimm@uni-flensburg.de, nsteffen@uni-flensburg.de

Trends identifizieren, gewerblich-technische Bildung innovieren:
Das Innovationskonzept für die berufliche Bildungsarbeit       

Präsentation


Für die Zukunft der Facharbeit und des Handwerks ist eines gewiss: Technische Innovationen werden weiterhin die Berufsbilder verändern, neue entstehen und einige verschwinden lassen (EVA M+E-Studie, 2022; Spöttl, 2016). Dem einher verändern sich auch die Bezugswissenschaften, d. h. die Hinwendung der Berufe zu multiplen technischen Disziplinen - wie z. B. in den vergangenen Jahren durch die Etablierung der Mechatronik sichtbar wurde - weitet sich aus, wobei angenommen werden darf, dass besonders die Informationstechnik und Informatik weitere Bedeutung erlangen werden (Becker, Frenz, Jenewein & Schenk, 2019). Megatrends wie das Internet der Dinge (Informationstechnik) und Künstliche Intelligenz (Informatik) werden große Veränderungen bringen, die es von Lehrenden in der beruflichen Bildung mitzugestalten gilt. Hierfür wird in einem fachdidaktischen Projekt in der Lehrveranstaltung „Berufliche Bildung 4.0“ am Institut für Berufliche Lehrerbildung der FH Münster der Frage nachgegangen, was technische Innovationen für Berufe bedeuten und wie diesen in der gewerblich-technischen Bildungsarbeit erfolgreich gefolgt werden kann. Dieser projektorientierten Lehrveranstaltung liegt ein heuristisch erarbeitetes Innovationskonzept zugrunde, welches mehrmals erprobt wurde und vorgestellt wird. Das Innovationskonzept setzt auf einen Dreisatz: Zuerst werden über die Disziplinen Arbeitswissenschaft, Berufspädagogik, Fach- und Sozialwissenschaften Trends identifiziert und analysiert. Hierauf aufbauend wird eine Synthese vorgenommen, welche die vorliegenden Trends in kurz-, mittelfristig- und langfristige Trends unterteilt und hieraus veränderte und neue Inhalte sowie Ziele für die Bildungsgangarbeit ableitet. Der letzte Schritt widmet sich dem Transfer. Es werden Aspekte der Technikdidaktik sowie der Organisations-/Schulentwicklung thematisiert. Das Ziel des Innovationskonzeptes ist es aktuelle Bildungsangebote bereitzustellen, die den ausgemachten Trends folgen und idealerweise im Sinne eines Change-Agents (Borch, Diettrich & Frommberger, 2003) mitbefördern.

Abbildung: Innovationskonzept für die berufliche Bildungsarbeit (eigene Abbildung)

Literatur

Borch, H., Diettrich, A. & Frommberger, D. (2003). Internationalisierung der Berufsbildung. Strategien, Konzepte, Erfahrungen, Handlungsvorschläge. Bielefeld: Bertelsmann.
Becker, M., Frenz, M., Jenewein, K., & Schenk, M. (2019). Digitalisierung und Fachkräftesicherung: Herausforderung für die gewerblich-technischen Wissenschaften und ihre Didaktiken ([1. Auflage]). Bielefeld: wbv.
EVA M+E-Studie (2022) – Becker, M., Flake, R., Heuer, Ch., Koneberg, F., Meinhard, D., Metzler, Ch., Richter, T., Schöpp, M., Seyda, S., Spöttl, G., Werner, D., Windelband, L.: Evaluation der modernisierten M+E-Berufe – Herausforderungen der digitalisierten Arbeitswelt und Umsetzung in der Berufsbildung. Bremen, Hannover, Köln, Schwäbisch-Gmünd.
Spöttl, G. (2016). Industrie 4.0 – Konsequenzen für die Facharbeiter/innen! In: Steffen Jaschke, Ulrich Schwenger & Thomas Vollmer (Hrsg.). Digitale Vernetzung der Facharbeit. Bielefeld: wbv.
Prof. Dr. Marc Krüger, Prof. Dr. Thilo Harth
FH Münster/Institut für Berufliche Lehrerbildung
Leonardo Campus 7
DE 48149 Münster
marc.krueger@fh-muenster.de, harth@fh-muenster.de
12:30    Ende der 34. BAG-Fachtagung